Planung von Radreisen & Radtouren

Immer wieder werde ich gefragt, wie ich mich auf meine großen Radtouren oder Radreisen vorbereite.

Daher möchte ich hier meine persönlichen wesentlichen Erfahrungen weitergeben, denn auch ich habe bei null begonnen und mich durch Erfahrung uns Austausch mit anderen Radfahrern bezüglich der Umsetzung und Gestaltung von Radtouren und Radreisen in den letzten 8 Jahren ständig weiterentwickelt.

Diese Erfahrungen habe ich auf dieser separaten Unterseite der Homepage veröffentlicht und gehe dabei auf folgenden Punkte ein:

  • Grundsätze bei der Durchführung von Radtouren / Radreisen
  • Vorbereitung des Körpers
  • Etappenumfang / Kilometerleistung
  • geplante - ungeplante Tagesetappen auf Radreisen
  • Anreisetag
  • Ernährung während eines langen Tags auf dem Fahrrad
  • Regeneration am Abend

Vielleicht helfen diese Punkte dem einen oder anderen Radfahrer zu Saisonbegin der Radsaison 2019 weiter, erfolgreich und möglichst problemlos / schmerzfrei eine Radtour oder Radreise so durchzuführen, wie das vor Tourstart der Wunsch / Traum / Vorstellung war!


1. Drei Grundsätze für die Radtour / Radreise

 

Meine großen Radtouren plane ich inzwischen grundsätzlich vor Tourenstart, besonders wenn ich nicht weiß, was mich streckenmäßig erwartet und ich keine Rundtour vor der Haustüre mache. Diese Vorab-Planung steht dann auch bei der Rurchführung an oberster Stelle und ich befolge meine drei wesentlichen Grundsätze, welche für mich zum Gelingen beitragen!

  1. Keine Experimente auf der Radtour /Radreise - Meinen Körper habe ich in der Trainingsphase vor der Durchführung kenengelernt, dies betrifft die Leistungsfähigkeit, die Ernährung sowie auch die Regenerationsfähigkeit.
  2. Möglichst nur 70-80% der maximalen körperlichen Leistung abrufen - Meine Radtouren oder Radreisen sind kein sportlicher Wettkampf, wo ich möglichst einen der ersten Plätze belegen möchte. Eine große Radtour oder Radreise ist eher ein Marathon, den es zu bewältigen gibt und so manches unerwartetes Ereignis kann auftreten und auch der nächste Tag sollte gut erholt und schmerzfrei beginnen.
  3. Auf die Anzeichen des Körpers hören und diese kennen - Stechen im Knie, Unterzucker, taube Hände oder Schwindelgefühle...wenn der Körper an seine Leistungsgrenze stößt, sendet dieser Warnsignale aus. Diese müssen unbedingt beachtet werden und im Zweifelsfall führt dies eben zu einem Tourabbruch, bevor der Körper dauerhaft geschädigt wird. Auch ich habe hier schon meinen Tribut gezahlt und die eine oder andere Radtour vorzeitig beendet!

An diesen drei Grundsätze halte ich während der Durchführung stets fest. Dies fordert auch mentale Disziplin, denn je nach körperlichem Befinden wird man während der Radtour gerne dazu verleitet, die Tagesetappe vorzeitig zu beenden (Müdigkeit, Wettersituation, Hunger, etc.) oder man "hängt" mal noch ein paar Kilometer dran, weil der Körper sich noch gut anfühlt und noch viel Energie vorhanden ist.

Allerdings können sich solche Entscheidungen schon am nächsten Tag auf die gesamte Tourenplanung negativ auswirken, wie z.B. ein ausgelaugter Körper oder die folgende Tagesetappe wird kilometermäßig nicht mehr durchführbar.

Auch eine nicht ganz "sportgemäße" Ernährung oder zu wenig Regeneration durch mangelnden Schlaf kann ganz schnell zu körperlichen Problemen führen, daher sollte man seine Körper diesbezüglich schon zuvor kennenlernen und sich auf der Radreise stets zum "Wohlwollen" des eigenen Körpers verhalten.

Ist dies Wohlbefinden nicht mehr vorhanden, ist die Leistungsfähigkeit nicht mehr vorhanden oder treten Schmerzen auf, sollte die Radtour / Radreise vorzeitig beendet werden; Möglichkeiten zum Ausstieg aus so einer Tour (Anschluss an das Bahnnetz / Abholservice) sollten immer schon bei der Tourenplanung berücksichtigt werden.

 

2. Vorbereitung des Körpers auf die Radtour

 

Für eine große Radtour oder Radreise gibt es nie genügend Vorbereitung / Training, um so mehr um so besser!

Dies habe ich auf meiner großen doppelten Alpenüberquerung 2018 feststellen können, nach einer ausgiebigen Trainingsphase konnte ich die Radreise spielend und beschwerdenfrei als Genießerradtour durchführen, was in der Vergangenheit bei vorangegangenen Radtouren nicht immer der Fall war.

In der Trainingsphase kann man seinen Körper bestens auf die kommende Belastung vorbereiten und auch den eigenen Körper auf die Belastungsfähigkeit kennenlernen.

Ganz wichtig in der Vorbereitungsphase ist auch den Stoffwechsel des Körpers auf lange Belastungsphasen vorzubereiten, wo während der sportlichen Belastung nicht die Nährstoffe zugeführt werden können welche aktuell evrbraucht werden, sondern der Körper muss in diesem Fall die eingelagerten Reserven antasten. Denn im Gegensatz zu einem kurzen Sprint, ist es bei dieser "marathonmäßihgen" Belastung nicht empfehlenswert, dauerhaft auf "schnelle Kalorien" zurückzugreifen!

Diese Fähigkeit, eingelagerte Reserven anzuzapfen, muss dem Körper erlernt werden und dies erreicht man nur durch viele, lange Trainingseinheiten mit mäßiger Belastung. Bei diesen Trainingstouren wird zusätzlich auch der Bewegungsapperat des Körpers auf diese Belastung triniert, vor allem die Gelenke & Sehnen, welche sonst bei zu schnellem Kraftaufbau der Muskulatur die Schwachstelle darstellen.

 



3. Etappenumfang / Kilometerleistung

 

Während der Planung einer größeren Radreise oder Radtour ist immer die Frage, wie viele Kilometer sowie Höhenmeter kann ich meinem Körper zumuten, vor allem unter dem Aspekt "Am nächsten Tag geht die Radtour weiter"?

Denn die Gefahr ist immer, sich an einem Tag so körperlich zu verausgaben, das am nächsten Tag die Schmerzen beim Radfahren der Freude überwiegen!

Ganz hilfreich sind hier die Umfänge der letzten Trainingsradtouren, diese geben einen wichtigen Anhaltspunkt, was ich auch auf einer mehrtägigen Radreise leisten kann.

 

Als Anhaltspunkt habe ich überschlagsmäßige Formel, das ich die gefahrenen Kilometer (ebene Strecke) und zu diesen pro 100 gefahrenen Höhenmeter noch einmal ein äquivalenten Wert von 10km dazurechen! Bei viele Gepäck in den Packtaschen (>20km) würde ich einen Äqivalentwert von ca. 15km ansetzen.

Dieser Kilometerwert gibt mir dann an, wie viel "Kilometerleistung" mit Einbezug der Höhenmeter  mein Körper leisten kann und diesen kann ich dann für andere Höhenprofile umrechen.

Bei einer Alpenüberquerung fließen somit durch die vielen zu fahrenden Höhenmeter (wo auch das Gepäck als Belastung spürbar wird) umgerechnet in die max. Länge der Tagesetappe mit ein, bei einer reinen "Flussradtour", welche sehr eben verläuft, fließen nur die ebenen gefahrene Kilometer ein.

Zu Beginn multipliziere ich meinen äqivalenten Kilometerwert der Trainingsradtouren noch mit einem Faktor von ca. 0,7 - 0,8 und dann erhalte ich meinen Richtwert an Kilometern, welchen ich bei Radreisen täglich fahren kann. Dieser Richtwert beinhaltet noch Leistungsreserven, welche teilweise bei unerwarteten Vorkomnissen der Radreise oder Radtour benötigt werden oder ermöglicht ein entspanntes Fahren.

Bei rein sportlichen Radtouren (Tagestouren mit anschließender Regeneration) gehe ich hier natürlich an mein körperliches Limit mit Reserven und multipliziere mit einem Faktor von ca. 1,3!

 

Während der Radtour versuche ich dann ca. 50% der Strecke vor meiner Mittagspause zu fahren, wenn die Beine noch frisch und ausgeruht sind. Diese hohe Streckenleistung in den ersten 4-5 Stunden am Vormittag sorgen dann auch für einen entspannteren Tourverlauf am Nachmittag,w enn z.B. das Mittagsloch kommt oder auch der Körper so langsam in die Erschöpfungsphase kommt.

 

4. geplante - ungeplante Tagesetappen auf Radreisen

 

Generell tendiere ich auf meinen Radreisen oder Radtouren immer auf eine geplante Tagesetappe, das mein verfügbares zeitliches Fenster einfach zu oft eingeschränkt ist!

Meine erste Radreisen (Donauradweg / Bodensee-Königsseeradweg) startete ich morgens mit der Bahn, ohne dass ich irgend eine Unterkunft für die Nacht gebucht hatte, somit war der Tagesumfang der Strecke beliebig und spontan während der Radtour festlegbar.

Diese "Flexibilität" erkauft man sich aber dadurch, das die Kilometerleistung der Tagesetappen eher im niedrigeren Bereich des körperlichen machbaren sind, da man für die Unterkunftsuche genügend zeitliche Reserve einplanen muss; natürlich hat man hier während der Zeit auf dem Fahrrad schon "ständig" eine geeignete Ortschaft oder Stadt im Visier, welche noch bei einer aktuell "machbaren" Kilometerleistung erreichbar ist.

Somit habe ich auf emien Radtouren meist nach der Mittagspause geschaut, welche größeren Ortschaften in den nachsten 60-80km  durchfahren werden und mit Hilfe eines Radreiseführers (bikeline) oder des Smartphones könne hier dann potentielle Übernachtungsmöglichkeiten recherchiert werden. Diese könne dann antürlich auch telefonisch schon Kontaktiert bzw. auch gebucht werden, was die Spontanität für diese Tagesetappe dann natürlich schon zur Mittagszeit eliminiert!

Inzwischen fahre ich auf Grund einiger negativer Erfahrungen mit der spontanen Tourenplanung immer geplante Tagesetappen und mit vorgebuchter Unterkunft!

 

Vorteile der geplanten Tagesetappen sind:

  • keine lästige Suche nach einer Unterkunft während der Radtour (unbeschwertes Fahren)
  • Kein Zeitverlust für Unterkunftsuche (Kilometerleistung ist somit pro Tag höher)
  • günstige sowie gut bewertete Unterkünfte können in Ruhe ausgewählt werden
  • keine unerwartete böse Überraschungen wie ausgebuchte Unterkünfte in Region z.B. zur Hauptsaison oder lokalen Veranstaltungen

Nachteile der geplanten Tagesetappen sind:

  • keine Spontanität mehr während der Radreise möglich, z.B. spontaner Beendigungd er Tagesetappe in schöner Ortschaft oder längere Tagesetappen bei gutem Vorankommen
  • die Spannung und Aufregung geht ein wenig verlohren (einfach mit dem Fahrrad losfahren)
  • Tagesetappen müssen geleistet werden, da am nächsten Tag die nächste gebuchte Unterkunft wartet!

Ein guter Kompromis zwischen geplanter und ungeplanter Radreise stellen die Buchungsportale dar (z.B. ich nutze persönlich booking), hier können vorab günstige und gut bewertete Unterkünfte ausgewählt und gebucht werden. Sehr oft können diese Buchungen noch bis zum Tag der Übernachtung kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr auch wieder spontan storniert werden (Smartphone während der Tour allerdings Voraussetzung).

 

5. Anreisetag an der Radreise

 

Für meine Radreisen nutze ich generell zur An- sowie Rückreise die Bahn. Zum einen steht mir niemand zur Verfügung, welcher mich mit meinem Fahrad mit dem Auto in die Ferne fährt, zum anderen ist die Bahn in Deutschland eine relativ preiswerte und auch komfortable Möglichkeit, das Fahrrad samt Beladung zu transportieren.

 

Leider ist dort wo viel Licht ist auch viel Schatten!

Allzuoft hat die gebuchte Zugverbindung leider nicht ganz so funktioniert, wie gebucht, denn teilweise kommen Züge verspätet, entfallen oder bedingt dadurch kann der Anschlusszug nicht ereicht werden.

Durch diese Unsicherheit fahre ich am Anreisetag max. 50% einer Tagesetappe oder reise an diesem Tag nur mit der Bahn an! Dies hat den Vorteil, das im ungünstigsten Fall eine spätere Zugverbindung gewählt werden kann (z.B. bei Zugausfall) und bedingt dadurch für mich keine Stresssituaion entsteht, wie z.B. eine Unterkunft, bei der bis zu einer bestimmten Zeit abends eingecheckt werden muss.

Wer den Komfort hat, mit dem Auto zum Ausgangspunkt seiner Radtour oder Radreise gebracht zu werden (oder dorthin selbst fährt), ist natürlich von solchen Unsicherheiten ausgeschlossen!

 

6. Ernährung während eines langen Tags auf dem Fahrrad

 

Wer nur einen kurzen Sprint mit dem Fahrrad macht, braucht sich über die Versorgung des Körpers mit Nährstoffen weniger Gedanken machen, als jemand, der mehrere Tage, Wochen oder Monate täglich eine hohe Tageskilometerleistung fährt.

Mein Tag beginnt mit einem ausgiebigen und abwechslungreichen Frühstück, Brot (bevorzugt Vollkorn), Jogurt, Bananen dazu Tee / Kaffee. Die Menge an Nahrung, welche ich am frühen Morgen zu mir nehmen kann ist leider begrenzt, wer hier gut bei Appetit ist, sollte hier seinen Vorteil ausspielen lassen!

Um so mehr langanhaltende Kalorien beim Frühstück zu sich genommen werden, um so mehr kann auch die Mittagspause in die hintere Tageshälfte verlagert werden und mit frischer Kraft können am Vormittag Kilometer geleistet werden. Dazu fülle ich meine ersten beiden Trinkflaschen meist mit etwas leich zuckerhaltigem (bevorzugt Saftschorle - 1/3 Saft / 2/3 Wasser), diese helfen quasi als Schnellstarter den Beinen (welche vielleicht vom Vortag ein wenig ausgelaugt sind) auf die Sprünge. Anschließend befülle ich meine Trinkflaschen dann aber mit Wasser und erst gegen Ende der Tour, wenn die Luft ein wenig draußen ist, gibt es manchmal noch eine Cola mit Koffein und Zucker, welche noch einmal kurzzeitig einen Schub gibt.

Da das Frühstück bei mir meist nicht so üppig ausfählt, lege ich manchmal noch eine kurze Frühstückspause während der Radtour ein, meist nach 2 Stunden Fahrzeit oder 30km, hier gibts meist langkettige Kolenhydrate in Form eines Müsliriegels oder einer Banane.

Zur Mittagspause empfehle ich, möglichst leichtverdauliche Kohlenydrate zu konsumieren, egal ob Vesperbrot, Nudeln, Kartoffeln oder auch Pizza.

Die Menge sollte so sein, das das Hungergefühl gestillt ist, aber kein Völlegefühl auftritt, denn sonst kommt ein massives Mittagsloch, da der Körper hier dann einen großteil seine Energie für die Verdauung und den Stoffwechsel benötigt.

Diese Mahlzeit reicht mir dan auch bis zu Tourende am Abend aus, lediglich bei spürbaren Unterzucker oder wenn die Beine ausgelaugt sind, schiebe ich noch einmal Zucker nach, dann in Form eines Powergels oder einer Cola.

 

7. Regeneration am Abend

 

Ganz wichtig für den Körper nach einem langen Tag auf dem Fahrrad ist die Regeneration am Abend nach der Tagesetappe.

Hier wird dem Körper die Möglichkeit gegeben, die Anstrengungen des Tages zu vergessen, wer dies nicht tut und seinen Körper weiter strapaziert, wird dies am nächsten Tag dann "verzinst" spüren!

Bei meine ersten Radtouren entlang der Donau habe ich so manche Nacht nach der Radtour noch zum Tag gemacht, Stadtbesichtigungen, Barbesuche oder das eine oder andere Bier im Biergarten. Allerdings kam dann die Quittung am nächsten Tag, wenn die Beine Schmerzte und der Körper vor lauter Müdigkeit nicht mehr in Schwung kommen wollte. Diese Unleidigkeit kann man bei einer ebenen Radtour entlang eines Flußlaufs noch "wegstecken", bei einer anspruchsvollen Alpenüberquerung kann dies aber auch schnell das Aus einer Radreise darstellen.

Daher habe ich inzwischen bei meinen Radreisen in den Alpen meinen Lebenswandel hier angepasst und so mancher Tag endete schon um 21:00 im Bett, um einfach dem Körper die benötigte Ruhe zu geben.

Ganz wichtig ist auch, sich abends ausgiebig mit Nährstoffen zu versorgen, den hier gibt es die einzige Möglichkiet den Akku des Körpers wieder aufzuladen und z.B. die Kohlenhydratspeicher der Muskulatur wieder aufzufüllen. Passend zu einem großzügigen Abendessen darf es bei mir hier natürlich auch mal das eine oder andere Bier geben, gerade wenn man hier im bayrischen Raum unterwegs ist, sollten diese kulinarischen Genüsse auf der Strecke auch genossen werden:-)

Bei der Mahlzeit versiuche ich, hier ca. 70% Kohlenhydrate zu essen, meist bestelle ich eine )(kohlenhydrathaltige) Beilage zusätzlich. Ganz wichtig auch hier viel Gemüse / Salat, um die ausgeschwitzten Mineralstoffe (Magnesium / Calzium / Kalium) wieder auf natürlichem Weg zuzuführen und auch Balaststoffe zu essen.

Nach einer ausgiebigen Mahlzeit folgt dann die Ruhe, bei viel frischer Luft und hoffentlich gutem Schlaf darf sich dann mein Körper für die Tagesetappe am nächsten Tag erholen...